Aufgrund der aktuellen Entwicklung der Pandemiesituation und der damit in den nächsten Tagen zu erwartenden Regelungen muss das Vormittagsprogramm abgesagt werden.
Erlebnisse, Vorträge, Live-Musik, Workshops, Stationen für die ganze Familie, Snacks und Getränke
Eintritt kostenfrei
11:00 Uhr
Eröffnung
mit dem stillen Stück „In Futurum“ von Erwin Schulhoff
14:00 Uhr
Präsentation der Ergebnisse aus den Workshops
mit den Teilnehmer*innen und Leiter*innen
Vorträge
11:15 Uhr
»Die Stille klopft an seine Seele – Beethovens Weg in die Taubheit«
mit Prof. Dr. med. Orlando Guntinas-Lichius und Musiker*innen der Jenaer Philharmonie
Ludwig van Beethoven wurde als junger Mann schwerhörig und war noch vor dem 50. Lebensjahr taub. Er hat selbst vielfach schriftlich festgehalten, wie sehr er unter der Krankheit litt und sich isoliert dadurch fühlte. Umso mehr imponieren seine Energie und Schaffenskraft; viele seiner Werke vollendete er erst nach der Ertaubung.
Orlando Guntinas-Lichius gibt uns einen wissenschaftlichen Einblick in den Krankheitsverlauf von Beethovens Schwerhörigkeit bis zur Taubheit und zeigt auf, wie man heute – mehr als 250 Jahre nach Beethovens Geburt – mit dieser Krankheit umgeht.
Ausgewählte Stellen und Sätze aus Beethovens Werken, vorgetragen von Musiker*innen der Jenaer Philharmonie, werden die Ausführungen unterstreichen, vertiefen und begleiten.
Mitwirkende
Musiker*innen der Jenaer Philharmonie
Jeannina Gutiérrez de Sommer, Violine
Bettina Wappler, Violine
Hasmik Karapetyan, Viola
Christiane Backhaus, Violoncello
Orlando Guntinas-Lichius ist seit 2006 Professor für HNO-Heilkunde an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und Direktor der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie des Universitätsklinikums Jena. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Kopf-Hals-Tumoren, der Speicheldrüsentumoren, der Erkrankungen des Gesichtsnervs und der Hörrehabilitation. Er ist Stellvertretender Präsident der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. 2009 wurde er als Mitglied in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina – Nationale Akademie der Wissenschaften aufgenommen.
12:00 Uhr
»Gespräch über Stille, John Cage und das längste Orgelstück der Welt«
mit Prof. Dr. Rainer O. Neugebauer und Dr. Philipp Schäffler
In den späten 1940er Jahren hatte der Avantgardekomponist John Cage die Gelegenheit, die Schallschutzkammer der Harvard University zu besuchen, und erwartete, die Stille zu „hören“: „Ich habe zwei Geräusche gehört, eines hoch und eines niedrig. Als ich sie dem zuständigen Ingenieur beschrieb, teilte er mir mit, dass das hohe mein in Betrieb befindliches Nervensystem und das niedrige mein Blut im Kreislauf sei.“
Diese Schlüsselerfahrung machte Cage bewusst, dass es absolute Stille nicht gibt und dass wir ständig von Klängen und Geräuschen umgeben sind. Er entwickelte in Folge – verkürzt gesprochen – zwei Kompositionsmethoden, mit der Klänge und Geräusche addiert oder subtrahiert werden konnten. Bei dem stillen Stück „4’33’’“ sind alle komponierten Klänge subtrahiert und es bleiben die Geräusche der Umwelt übrig. Bei Cages Idee des Musikzirkus musizieren möglichst viele Musikgruppen gleichzeitig. Hier werden demnach möglichst viele Klänge addiert, um eine tosende Stille zu erzeugen. Beide Ideen stehen sich aber nicht dualistisch gegenüber, sondern bilden ein Kontinuum.
Doch Cage hat noch eine weitere Möglichkeit geschaffen, Stille im Klang zu erfahren: die zeitliche Ausdehnung von Klang. In extremer Form realisiert in seinem Stück „ASLSP“, ein Kürzel für „As slow as possilbe“ („So langsam wie möglich“). In Halberstadt erklingt die Version für Orgel über einen Zeitraum von 639 Jahren. Ja, Sie haben richtig gelesen: 639 Jahre! Höchste Zeit mit dem Kuratoriumsvorsitzenden der John-Cage-Orgelstiftung Halberstadt ein Gespräch über Stille, John Cage und das längste Orgelstück der Welt zu führen.
Rainer O. Neugebauer ist emeritierter Professor für Sozialwissenschaften, skeptischer Agnostiker, anarchistischer Hedonist, musikalischer Dilettant, Kuratoriumsvorsitzender der John-Cage-Orgel-Stiftung Halberstadt und beim John-Cage-Orgel-Kunst-Projekt eine Art künstlerischer Leiter, u. a. mitverantwortlich für die Berechnung der Klangwechsel. Er lebt und arbeitet in Halberstadt.
Dr. Philipp Schäffler ist Lehrer für Musik und Globales Lernen am Christlichen Gymnasium Jena, Musikvermittler und Kurator des KLANGS VON JENA № 1 „Die Stille hören“. Er promovierte an der Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar zur „Idee der Bildung im Schaffen von John Cage“ und war hier wie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena als Lehrbeauftragter tätig.
Vorträge in englischer Sprache
mit Prof. Nicole Boivin, Direktorin des Max-Planck-Instituts für Menschheitsgeschichte und Mitarbeiter*innen der Abteilung für Archäologie
Das Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte in Jena wurde 2014 im Bestreben gegründet, grundlegende Fragen der menschlichen Evolution und Geschichte seit der Steinzeit zu erforschen. Derzeit besteht es aus drei interdisziplinären Abteilungen, die Methoden und Forschungsfragen aus Natur- und Geisteswissenschaften integrieren: der Abteilung für Archäologie, der Abteilung für Archäogenetik und der Abteilung für Sprach- und Kulturevolution.
Das Institut vereint internationale Expert*innen sowie große Datensätze aus so unterschiedlichen Forschungsgebieten wie Archäologie, Anthropologie, Paläogenetik, Bioinformatik, Proteomik, Archäogenetik, quantitative Linguistik u. a. m., um große Fragen der menschlichen Vergangenheit zu erforschen wie die Besiedlungsgeschichte der Welt, Migrationen und genetische Mischungen, die Auswirkungen von Klima- und Umweltveränderungen auf die menschliche Existenz in unterschiedlichen Regionen der Welt, die Veränderung der Ökosysteme durch den Menschen, die menschliche Ernährung in der Vergangenheit, die Ausbreitung und Entwicklung von Infektionskrankheiten und mit dem Menschen assoziierten Mikroorganismen, die Verbreitung und Ausdifferenzierung von Sprachen, Kulturen und gesellschaftlichen Praktiken oder die Ko-Evolution von Genen und Kultur.
Im Rahmen von drei Vorträgen in englischer Sprache, die sich u. a. auf die im Nachmittagskonzert erklingenden Werke beziehen, geben Prof. Nicole Boivin und Mitarbeiter*innen der Abteilung für Archäologie Einblicke in ihre Forschungsarbeit.
12:00 Uhr
»The relevance of Archaeological Science: What does the study of the past tell us about the Present and the Future«
Der Vortrag steht in Beziehung zu der im Nachmittagskonzert erklingenden Komposition „The Unanswered Question“ von Charles Ives.
12:40 Uhr
»Archaeological Science, Extinctions and Loss«
Der Vortrag steht in Beziehung zu dem im Nachmittagskonzert erklingenden „Concerto funebre" für Violine und Streichorchester von Karl Amadeus Hartmann.
13:20 Uhr
»Archaeological Science and Climate Change«
Der Vortrag steht in Beziehung zu der im Nachmittagskonzert erklingenden Kammersinfonie Nr. 2 es-Moll op. 38 von Arnold Schönberg.
Workshops
ab 11:15 Uhr
»Da war Ruhe«
Anstiftung zum Erzählen für Grundschulkinder mit Antje Horn
Habt ihr schon einmal in die Dunkelheit gelauscht oder am Bauch eurer Eltern gehorcht? Ist es dort still? Nein! Dies musste auch die kleine Maus feststellen. Immer wieder wird ihre Nachtruhe empfindlich gestört und sie findet keinen Schlaf. Die Maus bittet den Igel um Rat. Freund Igel hat gute Ideen. Ob diese wohl hilfreich sind? Antje Horn erzählt von der Suche der Maus nach Ruhe und Frieden. Danach bauen die Kinder gemeinsam ein Schattentheater und erzählen selbst die gehörte Geschichte.
Empfohlen für Kinder von 6 bis 12 Jahren mit ihren Eltern oder Großeltern
Teilnehmer*innen: max. 10 Personen (Anmeldung erforderlich)
ab 11:15 Uhr
»Das unerhörte Wort – die Ruhe nach dem Sturm«
Anstiftung zum Theaterspielen für Jugendliche und Erwachsene mit Erik Studte
Mit spielerischer Lust befassen wir uns mit Grundlagen des Theaters anhand von kurzen (dramatischen) Texten und Szenen. Wer also schon immer mal Bühnenluft schnuppern wollte, ist hier genau richtig. Erfahrungen im Theaterspielen sind nicht nötig aber natürlich auch nicht von Nachteil.
Empfohlen für Jugendliche ab 15 Jahren und Erwachsene
Teilnehmer*innen: max. 12 Personen (Anmeldung erforderlich)
ab 11:15 Uhr
»Fieldrecording – Klänge, Geräusche und Stille der Stadt«
Anstiftung zum Hören für Jugendliche und Erwachsene mit Kay Kalytta
Der Workshop beginnt mit einem Spaziergang, bei dem wir uns hörend, aufnehmend durch Straßen und Orte der Stadt Jena tasten. Das Element Wasser – die Saale – kann einem dabei die Ohren öffnen und tosende Stille erfahrbar machen. Im Anschluss verbinden wir unterschiedlich Aufgenommenes zu einem Sounddesign-Stück, in dem sich das Erlebte und Gehörte widerspiegelt.
Empfohlen für Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene
Teilnehmer*innen: max. 7 Personen (Anmeldung erforderlich)