Weltklasse-Pianist dirigiert Jenaer Philharmonie

Christian Zacharias begeistert mit authentischem Bruckner- und Mozartklang

Christian Zacharias, Foto: Klaus Rudolph
Christian Zacharias, Foto: Klaus Rudolph

Wenn ein Pianist und Dirigent der Spitzenklasse wie Christian Zacharias nach Jena kommt, dann durften die Zuhörerinnen und Zuhörer Außerordentliches erwarten.

So dachten viele, und der große Saal des Jenaer Volkshauses war bis auf den letzten Platz besetzt. Um es gleich vorwegzunehmen: Christian Zacharias und mit ihm die Musikerinnen und Musiker des Jenaer Philharmonischen Orchesters haben alle hoch gespannten Erwartungen bei weitem übertroffen.

Zunächst stand Anton Bruckners 8. Sinfonie in c-Moll in der Fassung aus dem Jahr 1890 auf dem Programm. Christian Zacharias dirigierte ohne Stab und formte mit den Händen eine groß angelegte Klangskulptur. Denn das ist  Anton Bruckners 8. Sinfonie. Wie aus dem Nichts kommend entfalteten sich im Kopfsatz drei mächtige Themen, führten zu kühnen Ballungen, wurden in der Durchführung umgekehrt und verloschen am Ende. „Das ist die Totenuhr“, soll Bruckner gesagt haben. Bereits nach dem Kopfsatz war klar: Christian Zacharias und die ausgezeichnet disponierten Jenaer Philharmoniker brachten Bruckners Musik zum Sprechen, selbst im kompaktesten Klangmassiv blieben alle Instrumentengruppen  gut hörbar;  jedes Solo kam punktgenau und war gut vernehmbar. Einen starken Eindruck hinterließ das Scherzo mit seinen huschenden Violinläufen, zarten Harfenklängen und expressiven Aufschwüngen. In der Interpretation von Christian Zacharias und dem Jenaer Orchester wirkte es poetisch und ließ einen leisen Anklang an die Musik Franz Schuberts ahnen. Das Adagio ließ Zacharias ruhig und gemessen spielen; wunderbar die Violinklänge, über die sich das erste Thema fast etwas schwerfällig erhob, dann eine Aufhellung, die durch Harfenklänge ihr besonderes Kolorit erhielt, ehe die Celli ihr zweites Thema entfalteten. Wie all das verdichtet und verwoben, in einem breiten melodischen Fluss dahin strömte, faszinierte das Publikum.  Es wurde in dem letzten von Anton Bruckner vollendeten Finalsatz zu einer monumentalen Steigerung geführt. Zwischen dem massiven Hauptthema der Blechbläser und dem Rhythmus der Streicher ließ der Dirigent eine immense Spannung aufbauen, die den gesamten vierten Satz durchzog. Wie bei einer architektonischen Konstruktion wurde musikalisch Baustein auf Baustein gesetzt, bis in der Reprise endlich das Hauptthema in strahlendem C-Dur erklang. Die Coda ließ Christian Zacharias ruhig und feierlich musizieren und führte  den weit gespannten Finalsatz  zu seinem feierlich-glanzvollen Höhepunkt, in dem die Themen aller vier Sätze übereinander geschichtet sind. Danach verklang die Musik im Unendlichen. Christian Zacharias führte die Musikerinnen und Musiker an den Violinen, Violen, Celli, Kontrabässen und an der Harfe, den Holzblasinstrumenten, am Schlagwerk, vor allem aber an den achtfach besetzten Hörnern, an den Trompeten, Posaunen und der Tuba zu einem fein austarierten Zusammenspiel, das einen stets transparenten und zugleich  massiven Bruckner-Klang erzeugte. Ein so authentischer Bruckner-Klang war in Jena erstmalig zu erleben.

Das Publikum feierte Christian Zacharias und das Jenaer Orchester mit Begeisterungsstürmen für eine Aufführung von Bruckners „Achter“, wie sie sonst nur in den Metropolen unseres Landes zu erleben ist.

Nach der Pause spielten Christian Zacharias, Marius Sima, Solveig Mathe, Christian Götz, Henriette Lätsch und Przemisław Bobrowski Mozarts  A-Dur-Klavierkonzert, KV 414, in der Fassung für Soloinstrument und Streichquintett. Sie erzeugten einen vollen, warmen Mozart-Klang mit feinsten Nuancierungen. Mozart hatte dieses wie auch die „Geschwisterkonzerte“ KV 413 und 415 zu Beginn seiner Wiener Zeit, im Umkreis der „Entführung aus dem Serail“, geschrieben. Sie konnten sowohl für Klavier und Streichquintett, als auch in kleiner Orchesterbesetzung gespielt werden.

Der Übergang zwischen Kammermusik und Konzertform war für Mozart fließend. Den Klavierpart hatte er zumeist für sich selbst geschrieben. Zeitgenossen berichteten, Mozarts Spiel sei weniger von Virtuosität, als vielmehr  von Feinheit und Ausdrucksstärke geprägt gewesen.  Joseph Haydn hat sogar erklärt, er könne Mozarts Klavierspiel sein Leben lang nicht vergessen. Ganz in diesem Sinne, gleichsam im Mozartschen Geist, spielte Christian Zacharias den Solo-Part in Mozarts A-Dur – Konzert: schlicht, fein ziseliert und mit hoher Ausdrucksstärke. So trat die Klavierstimme in einen Dialog mit den fünf Streicherstimmen. Marius Sima, Solveig Mathe, Christian Götz, Henriette Lätsch und Premisław Bobrowski beherrschen ihr Instrument vorzüglich. Ihr kantables Spiel mit dem Pianisten war voller Schönheit und Klarheit. In allen drei Sätzen brachten sie Mozarts Konzert zum „Sprechen“ und erweckten die Zauberkraft  seines Werkes zum Leben.

Nach einem „authentischen“ Bruckner-Klang  war im zweiten Teil des Konzerts ein wahrhaft authentischer Mozart-Klang zu erleben. Beides gehört zusammen.

Wer dieses Konzert gehört hat, wird es sein Leben lang nicht vergessen!

Dr. Dietmar Ebert

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