Als Simon Gau­denz, der neue ARTIST IN RESI­DENCE der Jenaer Phil­har­mo­nie, Ste­fan Kurt, und der Ober­bür­ger­meis­ter Dr. Tho­mas Nitz­sche das Podium betra­ten, erwar­tete das Publi­kum eine tra­di­tio­nelle Begrü­ßung. Erst als Stefan Kurt, ein „gro­ßer Ver­wand­lungs­küns­tler“, das Publi­kum als Ober­bür­ger­meis­ter der Stadt Jena begrüßte, Tho­mas Nitz­sche sich als Diri­gent vor­stellte und Simon Gau­denz im schöns­ten Schwi­tzer­dütsch die Gäste als neuer ARTIST IN RESI­DENCE will­kom­men hieß, ahnte man, dass wohl der fröh­lich-freche Kobold „Puck“ aus dem „Som­mer­nachts­traum“ seine Hände im Spiel hatte. Das könnte sein, denn als erstes Stück erklang die Ouver­türe zu Giuseppe Verdis „La forza del des­tino“ („Die Macht des Schick­sals“), vom Publi­kum mit Begeis­te­rung auf­ge­nom­men. Saal und Rang waren gut gefüllt, treue Abon­nen­ten, Musik­freunde und Neu­gie­rige aller Alters­grup­pen waren gekom­men, um den Klän­gen des bes­tens dis­po­nier­ten Phil­har­mo­ni­schen Orches­ters zu lau­schen und einen Vor­ge­schmack auf die neue Sai­son zu bekom­men.

Zwi­schen den popu­lä­ren Musik­stü­cken von Anto­nin Dvo­řák, Leó Wei­ner, Lud­wig van Beet­ho­ven, Dmi­tri Schos­ta­ko­witsch, Paul Hinde­mith und Edvard Grieg ver­wiesen Thomas Nitz­sche, Ste­fan Kurt und Simon Gau­denz auf wich­tige Kon­zerte in der begin­nen­den Spiel­zeit. Zwi­schen­durch war Puck aber­mals aktiv, zog die Fäden, und die drei Her­ren tausch­ten per „Schnick-Schnack-Schnuck“ ihre Rollen. Nun war wie­der jeder er selbst, wenn man das so sagen darf. Ste­fan Kurt rezi­tierte groß­ar­tig aus Goe­thes „Egmont“. Die gesamte Musik zu Goe­thes Trauer­spiel erklingt zusam­men mit der 1. Sin­fo­nie Lud­wig van Beet­ho­vens am Donners­tag, den 22.02.2024.

Der Gänse­haut­mo­ment des Nach­mit­tags war für mich, als Ste­fan Kurt ein Bekennt­nis von Daniil Charms zur künst­le­ri­schen Frei­heit und zur absur­den Lite­ra­tur vor­trug. Daniil Charms, 1905 in St. Peters­burg geboren, war einer der inte­res­san­tes­ten, kom­pro­miss­lo­ses­ten und wohl auch bes­ten Dich­ter in der jun­gen Sow­jet­union. Charms leis­tete Bedeu­ten­des in allen lite­ra­ri­schen Gat­tun­gen. Er ist am 2. Feb­ruar 1942 in der psy­chia­tri­schen Anstalt des Lenin­gra­der Kresty-Gefäng­nis­ses ver­hun­gert. Erst in Zei­ten von Glas­nost und Pere­stroika wur­den seine Werke wie­der­ent­deckt und ver­öf­fent­licht. Das Lese-Kon­zert am Don­ners­tag, den 19.10.2023, in dem Texte von Daniil Charms und Musik von Dmi­tri Schos­ta­ko­witsch, Paul Hinde­mith, Dmi­tri Kaba­lewski, Ben­ja­min Brit­ten, Igor Stra­winski und Erik Satie zu hören sein wer­den, ist für alle Freun­din­nen und Freunde der Avant­garde im 20. Jahr­hun­dert ein „Muss“. Wort und Musik wer­den eine Ver­bin­dung ein­ge­hen, wie sie nur sel­ten zu erle­ben ist.

Noch ein­mal han­delte Puck ganz eigen­mäch­tig und nahm wie­der eine Ver­wand­lung vor. Simon Gau­denz erzählte, dass sich in der ver­gan­ge­nen Woche „Ver­bre­che­ri­sches“ im Volks­haus ereig­net habe, und nun erklang, nein, kein Kri­mi­nal­tango, son­dern die Musik, die im neuen „The­resa Wolff“-Krimi des ZDF zu hören sein wird. Am Diri­gen­ten­pult stand, wie auch im Film, Ste­fan Kurt und beein­druckte durch eine sou­ve­räne Leis­tung. Doch keine Angst, die meis­ten Phil­har­mo­ni­schen Kon­zerte wird natür­lich Simon Gau­denz diri­gie­ren. Und Kobold Puck wurde vom Elfen­könig Obe­ron zur Ord­nung geru­fen und ist in Men­dels­sohns „Som­mer­nachts­traum“ zurück­ge­kehrt.

Das Publi­kum und auch die Musi­ke­rin­nen und Musi­ker der Jenaer Phil­har­mo­nie hat­ten viel Freude und Spaß an der Musik und den Rol­len­spie­len. Und viel­leicht erwirbt ja die eine oder der andere ein Abon­ne­ment oder kommt zu einem der inte­res­santen, viel­ver­spre­chen­den Kon­zerte. Danke für einen hei­te­ren und ent­spann­ten Sams­tag­nach­mit­tag.

Dr. Dietmar Ebert

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