Wechsel- und Zusammenspiel zwischen Brass Band BlechKLANG und Jenaer Philharmonie
Ein ganz besonderer Sound
Wenn das Orchester der Jenaer Philharmonie auf Bands mit anderem musikalischen Profil trifft, dann ist das stets etwas Besonderes. So auch im Sonderkonzert der Jenaer Philharmonie und der Brass Band BlechKLANG am Abend des 1. Mai. Das Besondere an diesem Konzert war, dass es gleich zwei Dirigenten gab. Die Brass Band BlechKLANG musizierte unter der bewährten Stabführung ihres Leiters Alexander Richter und das Orchester der Jenaer Philharmonie wurde von dem Schweizer Dirigenten Philippe Bach dirigiert. Er ist Generalmusikdirektor der traditionsreichen Meininger Hofkapelle und leitet Opernaufführungen am Südthüringischen Staatstheater in Meiningen.
Das Programm dieses Abends war nicht nur klug ausgewählt und durchdacht komponiert, sondern Brassband und Philharmonisches Orchester wechselten sich im Ablauf des Programms, später innerhalb eines Stücks ab und spielten im Finale des Konzerts sogar zusammen. Damit zeigten sie überzeugend, wie philharmonischer und Brassband-Sound sich ergänzen und zu einem neuen Klangerlebnis führen können. Es war gut zu erleben, wie musikalische Profis und „semiprofessionelle Laien“ zu einem gemeinsamen Klang fanden. So etwas ist nur in Jena möglich.
Die Brass Band BlechKLANG eröffnete das Konzert mit dem Festivalmarsch von John Wilfred Heaton (1918-2000), den er im Jahr 1949 auf einen Chorus zum Preise des Herrn, wie er einst in der britischen Heilsarmee verwendet wurde, komponiert hat. Ein imposanter Marsch, wie geschaffen für die Brassband. Es folgte die „Downland-Suite“ von John Ireland (1879-1962). Der Komponist hatte sie 1932 für den größten Wettbewerb für Brassbands in Großbritannien geschrieben. Das viersätzige Werk wurde im Wechselspiel zwischen Brassband und philharmonischem Streichorchester aufgeführt. Die Streicher spielten das Prélude und das Minuet, die Brassband die Elegy und das Rondo. Dadurch entstanden reizvolle musikalische Kontraste und eine besondere Form des musikalischen Dialogs. Zum Abschluss des ersten Teils erklang das erste Hauptwerk John Wilfred Heatons, seine viersätzige Partita, die zuerst von einer Brassband der Heilsarmee gespielt werden sollte. Im Jahre 1950 entstand eine Orchesterversion der Partita, die damals nicht zur Aufführung kam. In Jena erklang Heatons Partita erstmals in der ursprünglichen Version für Sinfonieorchester. Dies ist wohl vor allem Philippe Bach zu verdanken, der durch seine Kenntnis der Schweizer Brassband-Szene und seine Erfahrungen als Dirigent sinfonischer Musik die Brücke zwischen beiden Musikstilen schlagen kann. Heatons Partita ist ein anspruchsvolles Werk, das sinfonische Strukturen aufnimmt und bewusst mit Strukturelementen anderer Stilrichtungen vermischt. Streicherklang, Holz- und Blechbläser-Soli sowie Schlagwerk-Effekte mischen sich zu einem zugleich kompakten und differenzierten Orchesterklang. Es war für das Jenaer Publikum eine musikalische Bereicherung, John Wilfred Heatons „Partita“ in einer sehr gelungenen Interpretation durch das Jenaer Philharmonische Orchester unter Philippe Bach kennenzulernen.
Russische Musik des 19. Jahrhunderts
Der zweite Teil führte uns in die russische Musikwelt des 19. Jahrhunderts. Nikolai Rimski-Korsakow hat 1903 aus seiner 1892 in Sankt Petersburg uraufgeführten Oper „Mlada“ eine fünfsätzige Suite zusammengestellt. Ihr letzter Satz („Einzug der Adligen“) ist ein marschartiger Satz, den die Brass Band BlechKLANG in der Transkription von Howard Lorriman ausgezeichnet gespielt hat. Nun war wieder das Philharmonische Orchester an der Reihe. In der Bearbeitung von Dmitri Schostakowitsch erklang die Ouvertüre zu Modest Mussorgskis großer Oper „Khovanshina“. Mussorgski soll die Ouvertüre mit „Morgendämmerung über der Moskwa“ betitelt haben. Sie ist eine Naturschilderung, die Beschreibung einer Situation des Erwachens, wunderbar gespielt vom Jenaer Philharmonischen Orchester, dirigiert von Philippe Bach.
In Alexander Borodins berühmten „Polowetzer Tänzen“ aus seiner Oper „Fürst Igor“ wechselten die Jenaer Philharmoniker passagenweise zwischen Borodins Originalinstrumentation mit der Brassband BlechKLANG, die die Transkription von Howard Snell spielte. Dafür brauchte es zwei Dirigenten: Alexander Richter und Philippe Bach. So habe ich die „Polowetzer Tänze“ noch nie gehört. Ein Ganzes voller Kontraste.
Der Höhepunkt des Konzertes war die gemeinsame Aufführung von Peter Tschaikowskis „Ouvertüre solenelle 1812“ in der Bearbeitung für Sinfonieorchester und Brassband von Howard Lorriman. Dieses Orchesterstück mit seinen fanfarenartigen Zitaten der Marseillaise, russischer Volkslieder und sogar der Zarenhymne hat gezeigt, wie gut geeignet Tschaikowksis Ouvertüre „1812“ geeignet für das Zusammenspiel von philharmonischem Orchester und Brassband ist. Der BlechKLANG beider Formationen konnte seinen vollen Charme entfalten: ein toller Sound, laut und sehr gut!
Das Jenaer Publikum feierte begeistert die Brass Band BlechKLANG, das Orchester der Jenaer Philharmonie und die beiden Dirigenten Alexander Richter und Philippe Bach.
Dr. Dietmar Ebert