Freitagskonzert № 5 im Volkshaus

Felix Klieser und Gabriel Venzago retten Konzert und musizieren mit dem Jenaer Orchester auf höchstem Niveau

Felix Klieser, Foto: Julia Wesely
Felix Klieser, Foto: Julia Wesely

Für die erkrankte Veronika Eberle waren ganz kurzfristig Felix Klieser (Horn) und Gabriel Venzago als Dirigent eingesprungen. Es war ein Glücksfall, dass beide Künstler zugesagt haben. Ebenso ist es eine starke Leistung des Managements der Jenaer Philharmonie, einen international bekannten Hornisten und einen jungen, außerordentlich begabten Dirigenten innerhalb von vier Tagen zu buchen. Ein Bravo für Ina Holthaus!

Felix Klieser, der 2016 seine Lebensgeschichte unter dem Titel „Fußnoten – Ein Hornist ohne Arme erobert die Welt“ vorgelegt hat, spielte technisch und musikalisch meisterhaft Mozarts berühmtes Es-Dur-Konzert (KV 495). Sein ausdrucksstarkes und kantables Spiel verzauberte  das Publikum. Mit Leichtigkeit und Virtuosität spielte Felix Klieser den Kopfsatz mit der anspruchsvollen Kadenz. Im Mittelsatz vermochte er regelrecht auf dem Horn zu singen und die Klänge im Raum schweben zu lassen. Brillant führte Felix Klieser im Rondo das Konzert zum heiteren Finale. Bewundernswert sind die Professionalität seines Spiels und die Liebe zu Mozarts Musik. Seine kürzlich erschienene CD der  Hornkonzerte 1 bis 4 von Wolfgang Amadeus Mozart mit der Camerata Salzburg zählt zu den besten Einspielungen dieser Konzerte überhaupt. Gabriel Venzago war ihm als Dirigent ein aufmerksamer Partner und ließ die Streicher, die beiden Hörner und Oboen sehr transparent musizieren. Das Jenaer Publikum feierte Felix Klieser begeistert, und der bedankte sich mit einem Virtuosenstück von Rossini: „Le Rendez-vous de Chasse.“

Doch damit nicht genug der freudigen Überraschungen: Gabriel Venzago, noch keine 30 Jahre alt und schon Kapellmeister am Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin und Assistant Conductor bei den Münchner Symphonikern, dirigierte Janáčeks „Idyla“ und Dvořáks E-Dur-Sonate op. 22. Beide sind Frühwerke ihrer Schöpfer, wurzeln in der böhmischen und mährischen Volksmusik und sind anspruchsvoll komponiert. Unter dem sehr genauen und durchdachten Dirigat von Gabriel Venzago  fand das Jenaer Streichorchester zu einem intensiven, warmen, vollen Streicherklang, der immer die für beide Stücke so notwendige Leichtigkeit und Transparenz besaß. Leoš Janáčeks „Idyla“ ist selten zu hören. 1877 und 1878 schrieb er sie als fünfsätziges Tongemälde, zwei Jahre später komponierte er noch zwei weitere Sätze hinzu. Gabriel Venzago verstand es, die Musikerinnen und Musiker des Jenaer Streichorchesters so zu inspirieren und zu führen, dass der Charakter jedes Satzes klar hervor trat. Besonders im fünften Satz, einem berührenden Adagio, konnte das Jenaer Publikum die „Fülle des Wohllauts“ (Thomas Mann) erleben.  Mit ziemlicher Sicherheit war der frühe Janáček von den Kompositionen Antonin Dvořáks angeregt, auch wenn sein kompositorisches Schaffen später einen anderen Weg nahm. Dvořák schrieb seine Streicherserenade in E-Dur, op. 22  im Jahr 1875. Ein Jahr später wurde sie in Prag uraufgeführt. Die fünfsätzige Serenade bezieht ihre melodische Frische aus der böhmischen Volksmusik. Zugleich nimmt sie die Serenadenform der Wiener Klassik auf. Expressive Aufschwünge und beschwingte Melodien wie im bekannten zweiten Satz (Tempo di Valse) wechseln einander ab. Eben dieser Wechsel war in Gabriel Venzagos Dirigat sehr gut hörbar. Er ließ mit dem Jenaer Streichorchester Dvořáks Melodien regelrecht aufblühen und die Nähe zum Sinfonischen ahnen. So war ein gleichermaßen schlanker und sehr musikantischer Dvořák-Ton zu hören. Er zeugt von der gegenwärtig hohen Spielkultur der Musikerinnen und Musiker an den Violinen, Violen, Celli und Kontrabässen. Gabriel Venzago wurde nicht nur vom Publikum mit viel Beifall für sein exaktes und motivierendes Dirigat bedacht, auch das Orchester bedankte sich bei ihm. Gabriel Venzago – diesen Namen muss man sich unbedingt merken. Er verfügt über alle Voraussetzungen für eine gelingende Dirigenten-Laufbahn.

Ein herzliches Dankeschön an Felix Klieser und Gabriel Venzago. Beide haben das Konzert am vergangenen Freitag gerettet. Mehr noch: Sie haben mit dem Jenaer Orchester auf höchstem Niveau musiziert und werden stets gern gesehene Gäste in Jena sein.

Dr. Dietmar Ebert

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