Donnerstagskonzert № 3 am 14.11.2024
Grandioses Konzert beschließt Jubiläumsjahr »90 Jahre Jenaer Philharmonie«
Philharmonischer Salon und Podium zur Gründung des »Städtischen Sinfonieorchesters Jena« 1934
Dem Konzert zum Abschluss des Jubiläumsjahres „90 Jahre Jenaer Philharmonie“ waren ein Philharmonischer Salon mit Gert-Eberhard Kühne und dem langjährigen Jenaer Stadthistoriker Rüdiger Stutz und ein Podium mit Rick Tazelaar und Rüdiger Stutz vorangegangen, in denen die Gründung des „Städtischen Sinfonieorchesters Jena“ im Jahr 1934 kritisch und sehr differenziert betrachtet wurde.
Darauf nahm Oberbürgermeister Thomas Nitzsche in seiner Begrüßung des Publikums Bezug. Er erwähnte auch, dass das heutige Philharmonische Orchester Jena nach 1990 nur durch jahrelangen Gehaltsverzicht seiner Mitglieder in seiner jetzigen Form und Größe erhalten werden konnte. Er hob die gewachsene Ausstrahlungskraft des Orchesters in die Stadtgesellschaft und die hohe Wertschätzung des Orchesters auf internationalen Gastspielreisen hervor.
Strawinskis »Feuerwerk« und Tschaikowskis b-Moll-Konzert mit Anastasia Voltchock
Simon Gaudenz hatte ein Programm zusammen gestellt, das vor 90 Jahren weder politisch noch spieltechnisch möglich gewesen wäre. Es begann mit einem Überraschungsstück, der Fantasie „Feuerwerk“ op. 4 des 26-jährigen Igor Strawinski. Dieser jugendliche Geniestreich Strawinskis, der ihm den Auftrag zu seinem Ballett „Der Feuervogel“ einbrachte, wurde von der Jenaer Philharmonie unter Simon Gaudenz furios gespielt.
Anastasia Voltchok, in Moskau geboren und mittlerweile als Pianistin weltweit geschätzt, hatte den Solopart in Peter Tschaikowskis berühmtem Klavierkonzert Nr. 1 in b-Moll op. 23 übernommen. Kraftvoll und klar spielte sie das heroische Eingangsthema, und bereits im Kopfsatz war deutlich zu hören, wie Solistin, Dirigent und Orchester auf Augenhöhe konzertierten, jegliche Sentimentalität vermieden und jugendlich-frisch musizierten. In der schillernden Kadenz am Ende des 1. Satzes beeindruckte Anastasia Voltchok ebenso wie im traumwandlerisch schönen Andantino durch ihr technisch müheloses und ausdruckstiefes Spiel. Nach dem fast kammermusikalisch anmutenden 2. Satz spielte sie die auf ukrainischer und russischer Folklore basierenden Melodien des Finalsatzes voller Brillanz und Raffinesse. In der Coda verband sich ihr virtuoses Spiel mit festlich rauschendem Orchesterklang.
Rachmaninows 2. Sinfonie zog das Publikum in ihren Bann
Sergei Rachmaninows 1906/1907 in Dresden entstandene Sinfonie Nr. 2 e-Moll op. 27 erklang als sinfonisches Hauptwerk des Abends. Es ist durchaus möglich, dass Rachmaninow durch das Spiel der Dresdner Hofkapelle unter Ernst von Schuch zu seiner zweiten Sinfonie inspiriert wurde. Im Spiel der von Simon Gaudenz bravourös geleiteten Jenaer Philharmonie entfaltete sich ein feines Gewebe spätromantischer Klänge, aus denen sich langsam Themen und Motive entwickelten, wie im sanft wirkenden Kopfsatz und im Scherzo, das trotz seiner marschartig, folkloristisch geprägten Themen immer lyrisch grundiert blieb. Besonders der dritte Satz (Adagio) berührte das Jenaer Publikum durch die lyrische Substanz der Musik, in die ein Klarinetten-Solo (hervorragend Christof Reiff) eingewoben ist. Simon Gaudenz und die Jenaer Philharmonie spielten den 4. Satz schwungvoll, kurz von ernst-melancholischen Episoden unterbrochen, und führten ihn zu einem Hoffnung versprechenden Finale. In einer Zeit zunehmender Hast und ständiger Beschleunigung, bedarf es eines besonderen Sich-Einlassens auf die musikalische Welt Rachmaninows, und es spricht sehr für das intensive Spiel des Jenaer Philharmonischen Orchesters und Simon Gaudenz‘ genaue, in die Welt des Komponisten eintauchende Orchesterleitung, dass das Publikum mehr als 60 Minuten in den Bann der Rachmaninowschen Musik gezogen wurde. Das war ein Abend, der in Erinnerung bleiben wird.
Dr. Dietmar Ebert
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Fotos: JenaKultur, Christoph Worsch