Philharmonischer Salon und Podium zur Gründung des »Städtischen Sinfonieorchesters Jena« 1934

Dem Kon­zert zum Abschluss des Jubi­läums­jah­res „90 Jahre Jenaer Phil­har­mo­nie“ waren ein Phil­har­mo­ni­scher Salon mit Gert-Eber­hard Kühne und dem lang­jäh­ri­gen Jenaer Stadt­his­to­ri­ker Rüdi­ger Stutz und ein Podium mit Rick Taze­laar und Rüdi­ger Stutz vor­an­ge­gan­gen, in denen die Grün­dung des „Städ­ti­schen Sin­fo­nie­or­ches­ters Jena“ im Jahr 1934 kri­tisch und sehr dif­fe­ren­ziert betrach­tet wurde.

Darauf nahm Ober­bür­ger­meis­ter Thomas Nitz­sche in sei­ner Begrü­ßung des Publi­kums Bezug. Er erwähnte auch, dass das heutige Phil­har­mo­nische Orches­ter Jena nach 1990 nur durch jahre­lan­gen Gehalts­ver­zicht sei­ner Mit­glie­der in sei­ner jet­zi­gen Form und Größe erhal­ten wer­den konnte. Er hob die gewach­sene Aus­strah­lungs­kraft des Orches­ters in die Stadt­ge­sell­schaft und die hohe Wert­schät­zung des Orches­ters auf inter­na­tio­na­len Gast­spiel­rei­sen her­vor.

Strawinskis »Feuerwerk« und Tschaikowskis b-Moll-Konzert mit Anastasia Voltchock

Simon Gau­denz hatte ein Pro­gramm zusam­men gestellt, das vor 90 Jah­ren weder poli­tisch noch spiel­tech­nisch mög­lich gewesen wäre. Es begann mit einem Über­ra­schungs­stück, der Fan­tasie „Feuer­werk“ op. 4 des 26-jäh­ri­gen Igor Stra­winski. Die­ser jugend­li­che Genie­streich Stra­wins­kis, der ihm den Auf­trag zu sei­nem Bal­lett „Der Feuer­vo­gel“ ein­brachte, wurde von der Jenaer Phil­har­mo­nie unter Simon Gau­denz furios gespielt.

Ana­sta­sia Volt­chok, in Mos­kau gebo­ren und mitt­ler­weile als Pia­nis­tin welt­weit geschätzt, hatte den Solo­part in Peter Tschai­kows­kis berühm­tem Kla­vier­kon­zert Nr. 1 in b-Moll op. 23 über­nom­men. Kraft­voll und klar spielte sie das heroi­sche Ein­gangs­thema, und bereits im Kopf­satz war deut­lich zu hören, wie Solis­tin, Diri­gent und Orches­ter auf Augen­höhe kon­zer­tier­ten, jegli­che Sen­ti­men­ta­li­tät ver­mie­den und jugend­lich-frisch musi­zier­ten. In der schil­lern­den Kadenz am Ende des 1. Sat­zes beein­druckte Ana­sta­sia Volt­chok ebenso wie im traum­wand­le­risch schö­nen Andan­tino durch ihr tech­nisch mühe­lo­ses und aus­drucks­tie­fes Spiel. Nach dem fast kam­mer­mu­si­ka­lisch anmu­ten­den 2. Satz spielte sie die auf ukrai­ni­scher und rus­si­scher Fol­klore basie­ren­den Melo­dien des Final­sat­zes vol­ler Bril­lanz und Raf­fi­nesse. In der Coda ver­band sich ihr vir­tuo­ses Spiel mit fest­lich rau­schen­dem Orches­ter­klang.

Rachmaninows 2. Sinfonie zog das Publikum in ihren Bann

Ser­gei Rach­ma­ni­nows 1906/1907 in Dres­den ent­stan­dene Sin­fo­nie Nr. 2 e-Moll op. 27 erklang als sin­fo­ni­sches Haupt­werk des Abends. Es ist durch­aus mög­lich, dass Rach­ma­ni­now durch das Spiel der Dresd­ner Hof­ka­pelle unter Ernst von Schuch zu sei­ner zwei­ten Sin­fo­nie ins­pi­riert wurde. Im Spiel der von Simon Gau­denz bra­vou­rös gelei­te­ten Jenaer Phil­har­mo­nie ent­fal­tete sich ein fei­nes Gewebe spät­ro­man­ti­scher Klänge, aus denen sich lang­sam The­men und Motive ent­wi­ckel­ten, wie im sanft wir­ken­den Kopf­satz und im Scherzo, das trotz sei­ner marsch­ar­tig, fol­klo­ris­tisch geprägten The­men immer lyrisch grun­diert blieb. Beson­ders der dritte Satz (Ada­gio) berührte das Jenaer Pub­li­kum durch die lyri­sche Subs­tanz der Musik, in die ein Klari­net­ten-Solo (her­vor­ra­gend Chris­tof Reiff) ein­ge­wo­ben ist. Simon Gau­denz und die Jenaer Phil­har­mo­nie spiel­ten den 4. Satz schwung­voll, kurz von ernst-melan­cho­li­schen Epi­so­den unter­bro­chen, und führ­ten ihn zu einem Hoff­nung ver­spre­chen­den Finale. In einer Zeit zuneh­men­der Hast und stän­di­ger Be­schleu­ni­gung, bedarf es eines beson­de­ren Sich-Ein­las­sens auf die musi­ka­li­sche Welt Rach­ma­ni­nows, und es spricht sehr für das inten­sive Spiel des Jenaer Phil­har­mo­ni­schen Orches­ters und Simon Gau­denz‘ genaue, in die Welt des Kom­po­nis­ten ein­tau­chende Orches­ter­lei­tung, dass das Publi­kum mehr als 60 Minu­ten in den Bann der Rach­ma­ni­now­schen Musik gezo­gen wurde. Das war ein Abend, der in Erin­ne­rung blei­ben wird.

Dr. Dietmar Ebert


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Fotos: JenaKultur, Christoph Worsch

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