DER KLANG VON JENA № 3 am 04.06.2023
»Jena klingt ganz verschieden, aber immer wunderbar«
DER KLANG VON JENA № 3 verband durch ein Wandelkonzert auf den Spuren von Carl Zeiss Industriegeschichte und Musik
„Jena klingt ganz verschieden, aber immer wunderbar“, resümierte Philipp Schäffler, der das Publikum auf den Spuren von Carl Zeiss zu acht musikalischen Stationen führte und kenntnisreich, leicht und locker den gesamten Tag moderierte. Der dritte KLANG VON JENA erinnerte an die 1846 durch Carl Zeiss eröffnete Optische Werkstätte. Die acht musikalischen Stationen waren mit dem Wirken von Carl Zeiss und der mehr als 175-jährigen Geschichte des Zeiss-Werkes eng verbunden. Der von der Carl Zeiss AG großzügig unterstützte KLANG VON JENA fand viele interessierte Besucherinnen und Besucher, die einige oder auch alle Stationen besuchten. So klang an den acht Stationen Jena sehr verschieden, aber immer wunderbar, und alle Zuhörerinnen und Zuhörer hatten sichtlich Freude an den Darbietungen.
Jena kann wie die Brass Band BlechKLANG unter Alexander Richter klingen, die 300 Besucherinnen und Besucher im Zeiss-Planetarium unter Sternenhimmel u. a. mit „Sunset Serenade“ und „Starburst“ begrüßte. Zu dieser großartig gespielten „planetarischen Musik“ konnte das Publikum die Bewegungen am Sternenhimmel im „dienstältesten Planetarium“ der Welt verfolgen, das 1926 durch Walther Bauersfeld errichtet wurde.
Über den ältesten Botanischen Garten Deutschlands verfügt Jena nicht, der befindet sich in Leipzig, aber über den zweitältesten schon. Matthias Jacob Schleiden, Direktor des Botanischen Gartens in Jena (1850 bis 1863) war es, der eng mit Carl Zeiss zusammenarbeitete. Er brauchte dringend Mikroskope, um seine Zelltheorie der Pflanzen empirisch zu belegen. Hier im Botanischen Garten sang vor blühenden Rhododendren der Knabenchor der Jenaer Philharmonie (Leitung Max Rowek) und begeisterte das Publikum mit einem Repertoire, das von Michael Praetorius bis zu „I sing you sing“ des schwedischen Komponisten Anders Edenroth reichte.
Weiter ging es zum Johannisfriedhof, auf dem sich die Grabstätte von Carl Zeiss befindet. Doch nicht im Freien trat der von Tilman Wölz geleitete Jazzchor der Musik- und Kunstschule auf, sondern in der fast bis auf den letzten Platz gefüllten Friedenskirche. Dem Jazzchor der MKS unter Tilman Wölz gelang es auf Anhieb, eine sonntäglich gute Stimmung zu erzeugen. Er klang heiter und beschwingt und erfreute alle mit Musik u. a. von Sting, den Beatles und drei sehr witzigen Kanons.
Einen sehr reizvollen Klang erzeugte eine Trompetenfanfare, die Steffen Naumann, der Solotrompeter der Jenaer Philharmonie, vom JenTower blies. Der heutige JenTower war einst als Forschungshochhaus für Carl Zeiss Jena gedacht, heute beherbergt er in den oberen Etagen das Hotel und Restaurant SCALA. Es war ebenso angenehm, wie interessant, neben dem Denkmal für Carl Zeiss zu stehen und der Trompetenfanfare zu lauschen. Musik grüßt Industrie und Wissenschaft!
In der Goethe Galerie erinnerte die Brass Band BlechKLANG mit Unterhaltungs- und Filmmusik an das einstige Zeiss-Hauptwerk. Wieder hatten sich viele Zuhörerinnen und Zuhörer eingefunden, und es war beeindruckend, wie der Blechklang der Brass Band sich in der Höhe entfaltete.
In der früheren Augenklinik befinden sich heute das Interimsquartier der Ernst-Abbe-Bücherei und die Verwaltung der Jenaer Philharmonie. Vieles erinnert noch an die einstige Augenklinik. Vor dem Gebäude ernteten die Carl Zeiss Meditec AllStars (Leitung Regina Schütt und Jens Bojko) viel Beifall für Titelmusiken beliebter Kinderserien. Bei „Biene Maja“ und den Musiken zu „Pippi Langstrumpf“ und „Käptn Blaubär“ leuchteten nicht nur die Augen der Kinder, sondern aller, die mit dieser Musik groß geworden sind.
Für alle, die es etwas wilder mochten, gab es die Fahrrad-Performance „Eine Brise“ von Mauricio Kagel, mit dem ADFC e. V. Kreisverband Jena – Saaletal und Critical Mass Jena. Nach einer kurzen Verständigungsprobe hatte sich ein Fahrradkorso gebildet, der klingelnd, schnurrend und andere Geräusche erzeugend vom Ernst-Abbe-Platz durch die Carl-Zeiß-Straße bis zum Volkshaus unterwegs war. Eine frische musikalische Brise an einem warmen Sommernachmittag!
Vor dem traditionsreichen Volkshaus, das Ernst Abbe und Siegfried Czapski vor 120 Jahren aus Mitteln der Zeiss-Stiftung errichten ließen, trat nun das Akkordeonorchester „Da Capo“ unter der Leitung von Undine Sinnhöfer auf. Es spielte u. a. Adaptionen von Robbie Williams, Michael Jackson und Udo Lindenberg. Den jungen Akkordeonistinnen und Akkordeonisten gelang es, das Lebensgefühl der von ihnen gespielten Kompositionen in Klang zu verwandeln, und das Publikum forderte zu Recht: „Da capo!“
An acht mit der Zeiss-Geschichte verbundenen Stationen klang Jena acht Mal anders. Dass die Stadt aber immer wunderbar klang, zeigten die fröhlichen, lachenden und sehr entspannten Besucherinnen und Besucher.
Nach diesem Wandelkonzert, das vor dem Jenaer Volkshaus endete, gab es ein Nachmittagskonzert der Jenaer Philharmonie unter Simon Gaudenz, das von Daniel Finkernagel moderiert wurde. Er schlug immer wieder den Bogen von der Unternehmensgeschichte der Zeiss-Werke zu den einzelnen Kompositionen und betonte, dass es der Kraft der Musik bedürfe, um Fantasie und Inspiration für neue Erfindungen freizusetzen und die Stadtgesellschaft zu beleben.
Das Konzert begann mit Wagners wunderbar differenziert gespielter „Tannhäuser“-Ouvertüre.
Danach sang Christina Landshamer mit ihrem warm timbrierten lyrischen Sopran einige von Mahlers „Wunderhorn“-Liedern und traf genau den Tonfall dieser Orchesterlieder. Nicht nur bei „Das himmlische Leben“, das zugleich den Finalsatz von Mahlers „Vierter“ bildet, sondern auch bei „Rheinlegendchen“, „Starke Einbildungskraft“, „Wer hat dies Liedlein erdacht?“ und „Verlor’ne Müh“ verschmolz Christina Landshamers Sopran mit dem Orchesterklang der Jenaer Philharmonie aufs Schönste. Die vielen Instrumentalsoli und Zuspiele zeigten, wie sich unter Simon Gaudenz zunehmend ein spezifischer Jenaer Mahler-Klang entwickelt.
Zum „Klang von Jena“ gehört auch, wie das Orchester unter seinem Chefdirigenten John Adams‘ rasante Orchesterfanfare interpretierte. Das war eine Hochgeschwindigkeitsleistung des Orchesters und seines Chefdirigenten.
Gustav Holsts glänzend gespielter „Jupiter“ aus der Orchestersuite „Die Planeten“ war eine Reverenz an alle, die den Ruf Jenas durch Teleskope und Planetarien in alle Welt getragen haben.
In Arvo Pärts „Orient & Occident“ für Streichorchester aus dem Jahr 2000 beeindruckte der intensive, ausdrucksstarke Streicherklang der Jenaer Philharmonie. Der zur Zeit der Komposition 65- und heute 88-jährige Komponist hat mit „Orient & Occident“ ein Stück geschrieben, das lange nachhallt und sehr nachdenklich stimmt.
Zum Abschluss des Konzerts erklang Ottorino Respighis Tondichtung „Pinien von Rom“, die von der Jenaer Philharmonie meisterhaft gespielt wurde. Das Orchester entfaltete „seinen Klang“ in vollem Glanz, besonders als im letzten Satz das gesamte Orchester mit einem aus Blechbläsern bestehenden „Fernorchester“ konzertierte.
Für Jubel und Applaus bedankten sich die Jenaer Philharmonie und Simon Gaudenz mit der „Festlichen Ouvertüre“ op. 96 von Dmitri Schostakowitsch. Die Jenaer Philharmonie klang ganz verschieden, aber immer wunderbar!
Danke für einen schönen, entspannenden und anregenden Sommertag und die Entfaltung eines einzigartigen Klangspektrums.
Dr. Dietmar Ebert