Freitagskonzert № 1 am 30.09.2022
Abwechslungsreich und energiegeladen
Ein furioses Jugendwerk Rolf Liebermanns, Dieter Ammanns „unbalanced instability“ mit Michael Barenboim und eine von aller romantischen Schwere befreite „Eroica“
Das erste Freitagskonzert der Jenaer Philharmonie begann mit Rolf Liebermanns „Furioso“ (1947), einer frühen Komposition des späteren Direktors der Hamburger Staatsoper. Gerade in Zeiten, da Rolf Liebermanns Nachruhm zu verblassen beginnt – ältere Musikfreundinnen und -freunde werden sich noch lebhaft an die Aufführung seiner Oper „Die Schule der Frauen“ in Dresden erinnern – ist es besonders verdienstvoll, an die frischen und lebendigen Kompositionen des in der Schweiz geborenen Musikers und Theatermannes zu erinnern. Simon Gaudenz und das Orchester der Jenaer Philharmonie spielten Liebermanns Komposition, in der sich virtuose Zwölfton-Musik, wilde Ganztonleitern und Anklänge an den Jazz verbinden, mit größter Genauigkeit und wahrhaftem Furor.
Aus Anlass seines 60. Geburtstags erwiesen der Geiger Michael Barenboim, Simon Gaudenz und die Jenaer Philharmonie dem Schweizer Komponisten Dieter Ammann mit dessen 2013 entstandenem Stück „unbalanced instabililty“ ihre Reverenz. Die Solistin der Uraufführung in Witten war seinerzeit Carolyn Widman. In Jena hatte Michael Barenboim den Solopart übernommen. Er begann sein Spiel ohne Bogen. Sehr verschiedene Pizzicati wurden zunächst nur leise vom Orchester begleitet. Ammanns „Konzertsatz für Solovioline und Kammerorchester“ ist dicht, fragil und spielerisch. Ob mit oder ohne Bogen, immer entspann sich zwischen dem Solisten und einzelnen Orchesterstimmen, z. B. Streichern, Holzbläsern, Marimbaphon und Glockenspiel, ein kurzer musikalischer Dialog, es war ein schneller Wechsel der Klänge, ein Konzertieren der ganz eigenen Art, das ein genaues Zuhören und ein Sich-Einlassen auf Ungewohntes verlangten. Kurz bevor der Konzertsatz endete, spielte Michael Barenboim eine hochvirtuose Solo-Kadenz. Danach begleiteten noch einzelne Orchesterstimmen den Solisten, ehe das Stück mit einem Pizzicato verklang. Das Publikum dankte Michael Barenboim, Dieter Ammann, dem Jenaer Orchester und Simon Gaudenz mit langem herzlichem Applaus. Als Zugabe spielte Michael Barenboim eine zart, fragil und virtuos anmutende Komposition von Henri Vieuxtemps.
Im zweiten Teil des Konzertes erklang Ludwig van Beethovens 3. Sinfonie in Es-Dur, seine „Eroica“. Damit erinnerte die Jenaer Philharmonie an den 50. Todestag Ernst Schwaßmanns. Er war der erste Dirigent des Städtischen Sinfonie-Orchesters Jena. Die Beethoven-Pflege lag ihm besonders am Herzen. Simon Gaudenz und das Jenaer Philharmonische Orchester begannen den Kopfsatz der „Eroica“ genauso wie das gesamte Konzert: furios, in atemberaubendem Tempo. Das ist die Musik eines jungen revolutionären „Feuerkopfes“. Trotz der rasanten Tempi war jedes kleinste Detail im Orchester hörbar. Der Streicherklang war sehr warm und differenziert, im Trauermarsch beeindruckten vor allem die Soli der Holzbläser, im Scherzo die Hörner und im Finalsatz der Glanz der Trompeten und die Präsenz des Solo-Paukers Alexander Schuchert. Simon Gaudenz und das Orchester begeisterten das Jenaer Publikum mit einem leichten, transparenten Beethoven Klang voller Klarheit und Schönheit.
Dr. Dietmar Ebert