Dietmar Ebert über das Abschlusskonzert der Freitagsreihe am 14. Juni
Veronika Eberle verabschiedete sich mit Edward Elgars Violinkonzert als ARTIST IN RESIDENCE
Veronika Eberle, in der Spielzeit 2018/2019 ARTIST IN RESIDENCE bei der Jenaer Philharmonie, verabschiedete sich mit Edward Elgars Violinkonzert in h-Moll, op. 61.
Jedes ihrer Konzerte war ein besonderes musikalisches Ereignis, doch, wie sie Elgars wohl persönlichstes Konzert hinreißend virtuos, facettenreich und ausdrucksstark auf ihrer „Dragonetti“-Stradivari aus dem Jahr 1700 spielte, das war einzigartig. Simon Gaudenz war ihr ein aufmerksamer Begleiter und sorgte für einen gelungenen Dialog mit dem Orchester. Das begann bereits mit dem Orchestertutti im Kopfsatz. Veronika Eberle folgte den Intentionen Elgars und entfaltete die Themen rhapsodisch, wie eine Folge von Erinnerungen und Gefühlen. Die liedhafte Eröffnungsmelodie des Mittelsatzes spielte sie mit großer Innigkeit und die darauf folgende leidenschaftliche Steigerung des zweiten Themas mit kraftvollem Gestus. Wie sie im Finalsatz zwischen lyrischen und dramatischen Passagen wechselte und in der Kadenz das musikalische Geschehen enorm verdichtete, das offenbarte technische Brillanz und musikalische Reife. Simon Gaudenz traf mit dem Jenaer Orchester genau den spätromantisch gefärbten Klang des Elgar-Konzerts. Das Philharmonische Orchester spielte nie zu laut, es schuf den Klangraum, den Veronika Eberle für ihr intensives, farbenreiches Spiel brauchte. Das Jenaer Publikum bedankte sich mit lang anhaltendem herzlichem Applaus für die großartige Aufführung von Edward Elgars Violinkonzert und die eindrucksvollen musikalischen Abende mit Veronika Eberle in der vergangenen Spielzeit. Der Wunsch nach einem Wiedersehen und –hören in einer der kommenden Spielzeiten war Tenor zahlreicher Pausengespräche.
Simon Gaudenz und das Jenaer Orchester setzten mit Anton Bruckners „Romantischer“ einen Glanzpunkt (fast) am Ende der Spielzeit
Nach der Pause spielten die Jenaer Philharmoniker unter Simon Gaudenz Anton Bruckners 4. Sinfonie in Es-Dur, die „Romantische“. Vom ersten Ruf des Solohorns bis zum majestätischen Finale spannte er mit dem Orchester einen faszinierenden musikalischen Bogen. Das Orchester begab sich auf eine Wanderung durch romantische Denk-, Empfindungs- und Bildwelten, und Bruckners Themen und Motive wanderten durch alle Instrumentengruppen. Zugleich entstanden ein machtvolles Tongemälde und ein kompakter Klang, dem Hörner, Trompeten, Posaunen und Tuba ihren Glanz verliehen, und in dem immer der warme Streicherklang und die Soli der Holzbläser hörbar blieben.
Bereits mit dem Hörner-Ruf des Hauptthemas im Kopfsatz, war vernehmbar, wohin die musikalische Reise gehen soll, Klarheit und Transparenz bestimmten das Klangbild, ohne dass die kraftvolle Entfaltung und Verschränkung der Themen vernachlässigt wurde. So musiziert, konnte das Jenaer Publikum den monumentalen Kopfsatz als musikalisch genau konstruierte Tonschöpfung erleben.
Ebenso eindrucksvoll erklang der 2. Satz „Andante, quasi Allegretto“ mit seinem trauermarschähnlichem Thema, das dreimal wiederkehrt und am Ende des Satzes immer stärker intensiviert wird. Besonders hervorzuheben ist die rhythmische Prägnanz des 2. Satzes, die Simon Gaudenz stark herausarbeiten ließ, der warme Tonfall der Celli, Bratschen und Violinen sowie die punktierten Rufe von Horn und Trompete.
Das berühmte Scherzo, das mit seinen Hörner-Rufen an eine Jagdszene erinnert, ließ Gaudenz rasch und energisch spielen, so als ob Jäger an einem Betrachter vorbeireiten.
Den Finalsatz der „Romantischen Sinfonie“ mit seinem Wechsel von machtvollen Eruptionen und ruhigen Stimmungsbildern (Violinkantilene mit kontrapunktierenden Holzbläser-Soli), mit seinen choralartigen Steigerungen im Wechsel von Streichern, Holz- und Blechbläsern musizierten die Instrumentalistinnen und Instrumentalisten unter ihrem Chefdirigenten als eine Art „musikalische Gipfelbesteigung“. Die Sinfonie verklang mit der alle Themen verdichtenden Coda in vollem strahlendem Orchesterklang.
Mit Anton Bruckners „Romantischer“ und Edward Elgars spätromantischem Violinkonzert haben Veronika Eberle und das Jenaer Orchester unter Simon Gaudenz dem Jenaer Publikum vor Augen und Ohren geführt, welchen Weg das Jenaer Orchester in der ersten von Simon Gaudenz verantworteten Spielzeit zurückgelegt hat und zu welch hohen Leistungen es in kurzer Zeit fähig ist.
In der nächsten Spielzeit wird dieser Weg fortgesetzt werden. Grund zur Freude und zum Besuch der Jenaer Philharmonie in der nächsten Spielzeit.
An Veronika Eberle ein herzliches Dankeschön, Glück auf den musikalischen Weg und hoffentlich führt sie ihr Weg bald wieder einmal nach Jena.
Dr. Dietmar Ebert